Der Kopp-Verlag – wie immer Garant tagesaktueller, supergut recherchierter Berichte – hat mal wieder zugeschlagen. Brandaktuell wurde präzise erkannt, dass ein Cochrane Review Grippeimpfungen für nutzlos erklärt.
Ok, man muss zugeben, der Artikel ist weder brandaktuell noch präzise, das Review ist von 2010 und Impfungen findet es auch nicht nutzlos. Das Review findet nämlich eine klare Wirkung der Grippeimpfung, aber wegen solcher Kleinigkeiten macht man sich doch keinen Kopp. Von Fakten darf man sich nicht aufhalten lassen!
Der Artikel eines Jon Rappoport behauptet jedenfalls, dass “Impfstoff-Imperium ist zusammengebrochen”, was durch ein Cochrane-Review belegt sei. Kein Grippewirkstoff biete Erwachsenen Schutz vor Grippe. Rumms!
Mutigerweise wird tatsächlich auf eine Zusammenfassung des ursprünglichen Artikels der Cochrane Collaboration verlinkt, vermutlich in der Hoffnung, dass ihn sowieso keiner lesen wird.
Was der Kopp Verlag behauptet, kann man sich wieder mal schenken, der Artikel ist ziemliches Blablabla, aber zum Autor werden wir noch einige Worte finden, nachdem wir uns mit dem Cochrane-Review an sich beschäftigt haben. Im Endeffekt ist allerdings nur interessant, was die Daten hergeben und nicht, was ein zweitklassiger Verlag bzw. ein viertklassiger Autor aus der Arbeit herausliest.
Unter dem Titel Vaccines for preventing influenza in healthy adults beschäftigten sich einige Forscher mit der Wirksamkeit von Grippe-Impfungen. Rappoport, der Autor des Kopp-Artikels, meint erkannt zu haben, dass die Impfung nutzlos sei.
Wie er darauf gekommen ist, erschließt sich uns nicht ganz. Der ursprüngliche Artikel folgert:
In the relatively uncommon circumstance of vaccine matching the viral circulating strain and high circulation, 4% of unvaccinated people versus 1% of vaccinated people developed influenza symptoms (risk difference (RD) 3%, 95% confidence interval (CI) 2% to 5%). The corresponding figures for poor vaccine matching were 2% and 1% (RD 1, 95% CI 0% to 3%). These differences were not likely to be due to chance.
Bei Grippeimpfstoffen werden immer die drei aktuell häufigsten Stämme verwendet, um eine Immunisierung durchzuführen. Das heißt, die Impfung wirkt im Wesentlichen immer nur gegen diese drei Stämme. Gehen nun tatsächlich nur diese drei Stämme um, ist man also im Idealfall gegen alle geimpft. Das kommt zwar in der Praxis kaum vor, aber in dem Fall zeigte nur 1% der Geimpften im Vergleich zu 4% der Ungeimpften Krankheitssymptome. Eine Verbesserung auf 1/4.
War die “Trefferquote” bei den drei gewählten Stämmen nicht so akkurat, so reduzierte sich die Verbesserung auf 50%. Heißt, die Hälfte der Leute bekam keine Grippe mehr. Wirkungslos ist etwas anderes.
Was dieses Review zeigt ist, dass die Auswahl der Stämme extrem wichtig ist. Je besser die Stämme die aktuell umgehenden Erreger repräsentieren, desto besser die Trefferquote. Von Unwirksamkeit kann keine Rede sein, im Gegenteil. Die Grippeimpfung wirkt sehr gut, allerdings nur gegen die definierte Gruppe an Stämmen.
Um noch ein paar Worte zum Autor zu verlieren, der wahrlich keine Koryphäe ist: Jon Rappoport ist ein Verschwörungstheoretiker erster Güte, Vizepräsident der “Truth Seeker Company”, die CDs über Magie, vergangene Leben und paranormale Fähigkeiten verkauft. Rappoport erklärt auch jedem gerne, warum HIV ein Mythos ist:
Solche Kleinigkeiten (jetzt mal abgesehen von den wirklichen Fakten zur Impfung) stören den Kopp Verlag ja nicht. Offenbar gilt: Je irrer der Autor, desto lieber die Veröffentlichung. Und wie immer gilt: Ein Spinner irrt zwar nicht immer, aber meistens.